Ahnenforschung Kirschke

Meine Urgroßmutter Anna Berta Fischer, geb. Kirschke stammt aus Grünberg in Niederschlesien. Ihre Eltern waren Friedrich August Kirschke und Johanne Eleonore, geb. Grabsch. Bis 1945 müssen noch Verwandte in Grünberg gelebt haben. Meine Mutter hielt sich in den Kriegsjahren dort auf, bevor meine Großmutter sie wieder nach Berlin holte. Leider ist jeglicher Kontakt verloren gegangen. Bisher konnte ich keine Spur finden! Den Zweig der Familie Kirschke konnte ich bis ins 18. Jahrhundert nachverfolgen. Die Familie lebte lange Zeit in Schertendorf bei Grünberg.


tote PunktE in der Kirschke-Linie

Über die Geschwister meiner Urgroßmutter Anna Berta Kirschke (* 28. August 1877 in Grünberg, + 18. September 1944 in Berlin) konnte ich bisher wenig in Erfahrung bringen.

 

Anna Maria Elisabeth Kirschke * 06. April 1876 in Grünberg/Niederschlesien + 07. November 1940

Sie war seit 1908 verheiratet mit Carl Reinhold Schmidt. 

 

Pauline Bertha Kirschke * 24. September 1879 in Grünberg/Niederschlesien

Sie heiratete im Jahre 1911.

 

Heinrich August Kirschke * 17. Februar 1884 in Grünberg/Niederschlesien

 

Ich gehe derzeit davon aus, dass Angehörige der Familie bis ca. 1945 in Grünberg lebten. Noch in den Kriegsjahren gab es Kontakte nach Grünberg.


Christian Kirschke - Brandstifter in Schertendorf - 1795

LESEN SIE HIER, WIE ES MEINEM VORFAHREN CHRISTIAN KIRSCHKE ERGING, DER WEGEN BRANDSTIFTUNG ZUM TODE AUF DEM SCHEITERHAUFEN VERURTEILT UND AM 10. JUNI 1796 IN SCHERTENDORF BEI GRÜNBERG HINGERICHTET WURDE:

 

Im 24. Band der "Schlesischen Provinzialblätter" von Juli 1796 fand ich den folgenden Artikel: Schreckliche Wirkungen der Eifersucht und Rache, in der Geschichte des am 10. Juny d. J. auf dem Scheiterhaufen bey Schärtendorff, unweit Grünberg, verbrannten Christian KIRSCHKE.

In der Nacht vom 10. zum 11. September des vorigen Jahres entstand in dem Dorfe Schärtendorff, eine halbe Meile von Grünberg, bey dem Bauer Christian HÄUSLER ein Feuer, wodurch nicht nur des HÄUSLERS, sondern ohngeachtet der schneunigsten und besten Löschanstalten, auch noch drey benachbarte Gehöfte in die Asche gelegt wurden, viel Vieh verbrannte, und ein Hüte-Junge von 13 Jahren, welcher auf dem Heuboden geschlafen, ein Raub der Flammen wurde. Kaum war dieser Brand gelöschet, als in der gleich darauf folgenden Nacht abermal am entgegen gesetzten Ende des Dorfes Feuer entstand, und das Haus des Gärtners SEIFFERTS abbrannte, und ein Schaden von 1423 Rtlr. durch diese zwey malige Brände entstanden war. Da man den Christian KIRSCHKE, welcher bey seinem Stiefsohne, dem zuerst abgebrannten Häusler im Ausgedinge lebte, bei beiden Feuersbrünsten gänzlich vermißt hatte, so fiel auf ihn der Verdacht, daß er wohl das Feuer angelegt haben. Man schickte allenthalben hin Leute aus, ihn zu suchen, und fand ihn endlich im hohen Hause liegen. er ward gegriffen, und man sagte ihm grade zu, daß man ihn für den Brandstifter halte. Ohne sein Verbrechen abzuläugnen, gestand er daßelbe vielmehr sogleich, ward, wie gewöhnlich, summarisch verhört, und dann zur Special Inquisition in hiesige Frohnveste gebracht. Nicht nur der Herr Pastor STEIN zu Rothenburg, zu deßen Gemeinde der KIRSCHKE gehört, bezeuget es, daß er immer ein sehr gesitteter und stiller Mann gewesen, welcher sich keines Lasters öffentlich schuldig gemacht, den öffentlichen Gottesdienst sehr fleißig besucht, sich zur Nachtmal-Feyer ordentlich eingefunden, und daß die sichtbare Aufmerksamkeit und Andacht, welche er hier bewiesen, ihn zu den Ansprüchen auf äußere Religion zu berechtigen geschienen; sondern auch alle, die ihn sonst gekannt haben, und denen er arbeitete, geben ihm daß Zeugniß, daß er immer ein arbeitsamer, dienstfertiger und geschätzter Mann gewesen sey. Mehrere bezeugten ihm das zu seiner großen Freude noch in den letzten Tagen seines Lebens in seinem Gefängniße in meiner Gegenwart. Um so mehr drängt sich gewiß einem jeden, der dieses ließt, die Frage auf: Wie kam der unglückliche Mensch zu diesem schaudervollen Verbrechen ? Ich glaube im Stande zu seyn, theils aus den mir mitgetheilten Acten, theis aus mehreren mündlichen und offenherzigen Unterredungen mit dem KIRSCHKE, der viel Zutrauen zu mir gefaßt hatte, diese Frage vollkommen zuverläßig beantworten zu können, und die blosse auch nur nackte Geschichts-Erzählung wird dem philosophischen Beobachter des Menschen gewiß Stof zu vielen, nicht ganz unbedeutenden Reflectionen darbieten, so wie ich von dem Unglücklichen nie ohne Ausbeute für Verstand und Herz weggegangen bin. Der KIRSCHKE, 45 Jahr alt, evangelischer Religion, mitlerer Statur, von sehr gesunder Leibesbeschaffenheit, sanguinisch-cholerischen Temperaments, aus dem in hiesiger Gegend gelegenen Dorfe Schweinitz, wo sein Vater Schäfer gewesen war, gebürtig, lebte, nachdem ihm sein Eheweib vor drei Jahren gestorben war, bei seinem Siefsohne, dem Bauer HÄUSLER zu Schärtendorf im Ausgedinge, und nährte sich von Tagearbeit. Bei diesem HÄUSLER diente eine gewiße Anna Elisabeth SEIFERT als Magd. In dieselbe verliebte er sich, seine Liebe ward heftige Leidenschaft und er begehrte die SEIFFERTIN zur Ehe. Sie verlobte sich mit ihm, und er gab ihr die unter Personen seines Standes in hiesiger Gegend gewöhnlichen Brautgeschenke. Das geschahe etwa gegen Ostern d. J., und zu Johannis sollte die Hochzeit seyn. Seine Liebe ward immer leidenschaftlicher, sie ward so stark und unüberwindlich, daß auch der Kerker sie nicht aus seinem Herzen vertilgen konnte. So gefaßt auch der Mann in seinem Gefängnisse war, so schwand alle Fassung dahin, und er zerfloß in Thränen, sobald man von dieser seiner Braut mit ihm sprach. Ja ! noch 14 Tage vor seiner Hinrichtung versicherte er mir auf mein Befragen, daß er, wenn er frey werden könnte, die SEIFERTEN noch heirathen würde, wenn sie ihn haben wollte. Doch ich lenke wieder zur eigentlichen Geschichts-Erzählung ein. Der KIRSCHKE glaubte bald nach seiner Versprechung mit der SEIFERTEN mancherlei Veranlaßungen zur Eifersucht zu finden. Er stellte sie deshalb zur Rede; manchmal beruhigte sie ihn durch freundliches Zureden, manchmal aber gab sie ihm durch leichtsinnige Scherze, oder auch wohl etwas rauhe Worte, wenn er sie mit seiner Eifersucht zu sehr plagte, und sie endlich verdrießlich wurde, noch mehr Stof zur Selbstpeinigung. Sein Stiefsohn, bei dem seine Braut diente, der Bauer HÄUSLER, ward der Hauptgegenstand seiner marternden Jalousie. Ohngeachtet er im Verhör sowohl, als in Privatgesprächen versicherte, daß er den HÄUSLER nie bey einer unerlabten Vertraulichkeit mit seiner Braut betroffen: so beredete er sich doch, und blieb auch im Gefängniße bey diesem Verdachte, daß seine Braut ihm nicht ganz treu sey, und daß ihre Freundlichkeit gegen ihren Wirth sich auf ein heimliches Liebesverständniß mit demselben gründe. Manchmal befürchtete er doch, daß seine Braut wohl wirklich verführt, und er dann betrogen werden könne.Hiermit vereinigten sich mancherley Klätschereyen, die man ihm zubrachte. Man beredete ihn, daß, wenn er wieder heirathe, er sein Ausgedinge verlieren, ein andermal, daß seiner Braut Vater, der Gärtner und Büttner SEIFERT, in die Verbindung nicht einwilligen werde. Seine Quaalen erstiegen den höchsten Grad, da gedachter SEIFERT ihn endlich selbst versicherte, daß er es nicht zugebe, daß seine Tochter vor Beendigung ihres Dienstjahres heirathe, und folglich die Hochzeit nicht zu Johannis, sondern erst zu Weihnachten vor sich gehen könne. Nun glaubte er gewiß zu seyn, daß man ihn hintergehen, und durch diese Verzögerung nur Zeit gewinnen wolle. Er faßte den Entschluß, Schärtendorf zu verlaßen, die 100 Rtlr., welche er nach und nach erübriget, und baar da liegen hatte, zu nehmen, und sich außerhalb seines Vaterlandes anzubauen, damit er die SEIFERTEN nur nicht mehr sehen könne, und auf diese Art die Liebe zu ihr los würde. Er bereuete es in seinem Gefängniße mehrmal, daß er das nicht wirklich gethan habe; aber, sprach er, wenn ich meine Braut wieder sahe, und sie mir gut zuredete, so konnte ich nicht wieder von ihr ..ßen. Jetzt ward er wieder etwas ruhiger, und faßte den Entschluß, sich in Schärtendorf selbst ein Häuschen zu bauen, und dann, ohne bei seinem Stiefsohn ferner wohnen zu dürfen, mit seiner Geliebten froh und ordentlich zu leben, besprach sich auch wenige Tage vor der unglücklichen Brandstiftung deshalb mit dem Herzogl. General Pächter und Oberamtmann Hrn. SCHULZ über eine schickliche Baustelle. An dem für ihn unglücklichen 10. Septbr. ging er früh in die Schärtendorfer Walkmühle auf Gartenarbeit, arbeitet den ganzen Tag über fleißig u. mit ziemlicher Heiterkeit, kommt abends um 8 Uhr heim, findet seine Wirthin mit ihren Kindern, da indeßen seine Braut noch nebst dem Wirthe und übrigen Gesinde auf dem Felde ist, und gehet zum Brantweinbrenner. Dort läßt er sich ein Quartierchen Brandwein geben, findet daselbst einen Viehhändler, mit welchem er ins Gespräch kommt, trinkt itzt nach und nach 3 Quartierchen Brantwein aus, und läßt sich in ein bey sich habendes Fläschgen noch 3 Quartierchen Brantwein füllen. Um 10 Uhr gehet er nach Hause und findet alle seine Hausgenossen bereits im Bette. Er gehet nun zuförderst in den Pferdestall, an welchen diejenige Kammer anstöst, in welcher seine Braut schlief, klopfet ihr an die Wand, und ruft: Anne Liese bist du da! Schläfst du schon? Sie antwortete ihm nach seinem Ausdrucke in einem schnipschen Tone: was sie denn noch auf seyn sollte, es sey Zeit zu Bette gehen, er sollte sie schlafen lassen. Der vom Brandwein erhitzte und eifersüchtige Mann nahm die Antwort sehr übel auf, gieng voll Rache von ihr weg durch des Wirths Stube hindurch in seine Ausgedinge Kammer, um sich ebenfalls schlafen zu legen. Schon hat er sich entkleidet, und ist im Begrif ins Bette zu steigen, so dünkt's ihm, als ob er eine Stimme ihm zurufen höre, er sollte Feuer anlegen. Schnell kleidet er sich wieder an, steigt durch das Fenster seiner Ausgedinge Kammer hinaus, um nicht durch die Stube gehen zu dürfen, ketelt die Hausthüre von außen zu, schlägt mit einem bey sich habenden Stahl Feuer an, zündet ein Schwefellicht, welches er schon, ehe er auf die Garten-Arbeit gegangen, zu sich gesteckt hatte, um sich ein Feuer zum Wärmen anzünden zu können, am Taback-Schwamm an, und steckt dasselbe ins Strohdach seines Stiefsohnes, welches auch sogleich anfängt zu brennen, der KIRSCHKE lauft hierauf ohne den mindesten Lerm zu machen, zum Dorfe hinaus in den Busch, 24 Stunden bringt er, ohne etwas weiter als Brantwein zu genießen, auf dem Felde und in der Heide zu! Endlich fällt ihm der Gedanke auf, daß die Stimme, welche ihm zugerufen, er solle Feuer anlegen, nicht gesagt habe, Wo daß eigentlich geschehen sollte, und daß damit auch wohl seiner Braut Vater der SEIFFERT, welcher die Heirat verzögert, und wo die Braut, auf welche er itzt äußerst aufgebracht war, ihre Sachen in Verwahrung hatte, könne gemeint seyn. Er läuft früh gegen 3 Uhr ins Dorf und zündet auf die vorhin beschriebene Art des SEIFFERTS Haus an, welches auch, jedoch diesmal nur daßelbe allein, wirklich abbrennt, worauf er in einen im Busch gelegenen Teich springet, sich ersäufen will, das Wasser ihn aber umwirft, er heraussteigt, sich in ein Hanffeld verbirgt, sodann gesucht, gefunden, und wie oben schon gemeldet worden, gefänglich eingezogen, und verhört wird, und sogleich alles ohne Rückhalt bekennet. Sein Urtheil fiel dahin aus, daß er vermittelst des Feuers vom Leben zum Tode sollte gebracht werden. Dieses traf den 25. März d. J. hier ein, und der hiesige Inquisitor Publicus und Justitz Director ANDERS requirirte mich schriftlich, ihn auf die Publication deßelben, ohne ihm jedoch zu sagen, daß sein Urtheil bereits angelangt sey, zu bereiten, und theilte mir zu diesem Behuf die Acten mit. Ich traf den KIRSCHKE an, voll der innigsten Reue über sein Verbrechen, doch aber auch nicht ganz trostlos; daß sein Urtheil ein Todesurtheil seyn werde, erwartete er ziemlich gewiß, doch wünschte und hoffte er, daß er zuvor mit dem Schwerdte werde hingerichtet, und sein Körper alsdann verbrandt werden. Wie ich ihn auf die Bekanntmachung des über ihn ergangenen allerhöchsten richterlichen Ausspruches nach und nach in verschiedenen Besuchen, vorbereitet habe, wäre für diese Blätter zu weitläufig, und vielleicht den meisten Lesern nicht hinlänglich interessant. Eines einzigen Umstandes aber will ich hier erwähnen. Ich suchte ihn zu überzeugen, daß die Stimme, welche ihn nach seinem Bedünken zum Feueranlegen aufgefordert habe, keine andere, als seine eigene Stimme gewesen, und daß es sehr gewöhnlich sey, daß ein Mensch, von starkem Getränke erhitzt, und im Anfalle desjenigen Widerwillens, der itzt seine ganze Seele beherrscht, mit sich selbst rede, ohne daß er das wahrnimmt. Es war schwer, ihn davon zu überzeugen, und ich bin ungewiß, ob er je davon wirklich überzeugt gewesen ist. Auf meine Frage, für wessen Stimme er denn diesen Aufruf zum Feueranlegen gehalten, erwartete ich, daß er die ganze Sache für das Geschäft eines bösen verführenden Geistes ausgeben werde. Davon aber war der KIRSCHKE weit entfernt, sondern er hielt es für einen Aufruf Gottes, der den HÄUSLER und SEIFERT habe strafen wollen, ob er gleich, wie er versicherte, dieser Meinung sich erst nach vollbrachter That deutlich bewußt geworden, da er in der Stunde der Vollbringung derselben fast außer sich seiner Ueberlegung fähig gewesen, und folglich gar nicht eigentlich darüber nachgedacht habe, von wem diese Stimme, die doch die nächste Veranlaßung seines Feueranlegens gewesen, herkommen könne. Am 2. April d. J. ward dem Inquisiten von dem Hrn. Director und Inquisitor publicus ANDERS, im Beisitze des Hrn. Gerichts-Assessoren, und in meiner, von dem KIRSCHKE sich erbetenen Gegenwart das Todesurtheil publicirt. Die Liebe zum Leben behauptete in sofern ihre Rechte, daß er das remedium ulterioris defensionis ergrif, in etlichen Tagen aber aus eigener Ueberlegung diese seine Erklärung zurück nahm, und sich gänzlich bey dem ihm bekannt gemachten Urtheilsspruche beruhigte. Wir beide hiesige Prediger wurden nunmehro requirirt, ihn zum Tode zu bereiten. Wir thaten solches nach einem schriftlich entworfenen und gemeinschaftlich verabredeten Plan. Auch sein ehemaliger Prediger, der Hr. Pastor STEIN, aus dem eine Meile von hier gelegenen Rothenburg, besuchte ihn nunmehro wöchentlich ein- auch mehrmal, und ward von ihm immer mit vieler Herzlichkeit aufgenommen, wie er denn auch bey unserer aller fortdauernden Besuchen immer viel Aufmerksamkeit auf das, was mit ihm gesprochen ward, herzliche Reue über sein Verbrechen, und die unglücklichen Folgen, welche daßelbe für andere gehabt, Aeußerungen eines wahrhaftig christlichen Sinnes und stille Ergebung in sein trauriges Schicksal zeigte. Nachdem alles Erforderliche berichtiget, ward der 10. Junius zum Tage der Urtheilsvollstreckung anberaumet, und solches am 4. gedachten Monats dem Delinquenten bekannt gemacht, seine gute Fassung verließ ihn auch itzt, da er den Tag seines Todes wußte, nicht. Alles, was nach den Gesetzen erlaubt ist, ward sehr menschenfreundlich zur Erleichterung seines mitleidswürdigen Zustandes verfügt. Die hiesige Bürgerschaft, welche die nunmehrige Bewachung deßelben unentgeldlich übernahm, betrug sich hierbei auf eine wirklich musterhafte Art, und der Delinquent erbat es sich als die letzte Wohlthat, daß, als er den Tag vor seiner Hinrichtung früh Morgens von hier weg nach Schärtendorf gebracht ward, 4 hiesige Bürger, die zuletzt ihn bewacht, und so viel zu seinem Troste beigetragen hatten, ihn nach Schärtendorf begleiten, und bis zu seiner Todesstunde bey ihm bleiben möchten, wozu sich dieselben auch von Herzen bereit und willig finden ließen. Am 9. Junius früh empfing er aus den Händen seines bisherigen Beichtvaters, des mehrgedachten Herrn Pastor STEIN, das heilige Abendmahl mit vieler Rührung und frohem Hinblick in die Ewigkeit, ward von demselben wenig verlaßen und auch von uns hiesigen Predigern dort noch besucht. Der Abschied, welchen er dort von mir nahm, wird mir nie aus dem Andenken kommen. Er blieb auch hier in seiner guten Faßung der Seele, doch lag feierlicher Ernst auf seinem Gesichte, und er konnte die Freundlichkeit und lächelnde Miene, mit der er mich sonst bewillkommte, diesmal nicht mehr von sich erhalten, welches wohl keinem meiner Leser befremdend seyn wird. Seine Söhne sprach er mehrmals schon in hiesiger Frohnveste, und ermahnte sie rührend zu christlicher Rechtschaffenheit, und in seinem Schärtendorfer Gewahrsame unterredete er sich auch mit dem HÄUSLER und SEIFERT, deren Wohnungen er angezündet hatte, und bat sie wehmüthig um Verzeihung. Auch seine Braut kam auf seine Bitte zu ihm. Was das Herz des armen Mannes empfunden, kann jeder sich leicht vorstellen. Auch das Mädchen betrug sich hier beifallswerth. Am 10. Juny früh verfügten sich der mehrgedachte Inquisitor publicus und die vier Criminal Schöppen von hier nach Schärtendorf, allwo der dortige Justitiarius Herr Justitz Commissarius DEHMEL aus Sagan, nomine Dominii, schon gegenwärtig war, und der Landrath hiesigen Creyses, Herr v. STENTZOCH auf Prittag sich ebenfalls einfand, und welche der Execution mit beywohnten. Das Executions Commando bestand aus 450 Mann, nämlich aus 200 Mann mit Ober- und Untergewehr und 2 Tambours versehenen Bürger aus Grünberg, 50 Mann von der Schärtendorfer Gemeine und 200 Mann Dragoner, die der Herr Major v. STUDNITZ commandirte. Der deutschen alten Verfaßung gemäß, wurde unter freyem Himmel auf einem hinter Schärtendorf gelegenen freyen Platze, das Hochnothpeinliche Halsgericht gehegt, und um das Blutgericht 2 Creise formirt. Die Membra des peinlichen Gerichts waren schwarz gekleidet und mit Degen versehen, sie sezten sich an den schwarzen Urtheilstisch, auf welchen der Inquisitor das Urtheil, einen weißen Urtheilsstab und seinen entblößten Degen legte. Gegen ¼ auf 8 Uhr ward der Delinquent vorgeführt, ihm von einem hiesigen Gerichtsdiener die Fesseln abgenommen, und er stand bandenfrei mit vieler Faßung da; der Inquisitor gab nun mit seinem entblößten Degen das Zeichen, daß das hochnothpeinliche Gerichte seinen Anfang nehme, worauf von den Tambours des Bürger-Commandos 3 mal die Trommel gerührt, und von den beiden Trompetern des militairischen Commandos 3 mal in die Trompete gestoßen wurde. Der Inquisitor stand nun auf, nahm seinen Degen in die Hand, hegt das Blutgerichte, examinirte den Delinquenten nochmals öffentlich über die Hauptumstände seines Verbrechens, und hielt, nach Publication des Urtheils und Zerbrechung des Stabes, noch eine kurze sehr zweckmäßige Anrede an die vielen tausend Zuschauer, bey denen eine feierliche Stille herrschte, und die mit allgemeiner Rührung angehört wurde. Der Delinquent beantwortete die ihm vorgelegten Fragen mit bejahendem Kopfnikken und schwacher Stimme, und zuckte bei der Frage: ob er nicht vorsätzlich und aus Rache das Feuer angelegt habe, mit einem reuevollen, gen Himmel gerichteten Blick die Achseln; der Inquisitor gab das Zeichen, daß das Blutgerichte aufgehoben sey, steckte seinen Degen ein, die Trommeln wurden wie anfangs gerührt, in die Trompeten gestoßen, Richter und Schöppen kehrten ihre Schemmel um, der Gerichtsdiener legte den Tisch um, der eine Freiknecht hob die Stücke des zerbrochenen Urtheilstabes auf, und band, nebst ein paar Gehülfen, dem Delinquenten die Hände auf den Rücken, welcher auf einen Wagen gesetzt, und auf den Executions Platz unter einer Begleitungs Escorte von 20 Bürgern und 20 Bauern hingefahren wurde, wo das militairische und Bürger Commando auch schon angelangt war, woselbst der Delinquent gegen halb 9 Uhr eintraf. Auch hier verließ ihn seine gute Seelenfaßung nicht, und um halb 9 Uhr wurde er von den Freiknechten in den Scheiterhaufen geführt; dieser war an 4½ Elle hoch, von conischer Form, sahe einem großen Heuschober ähnlich, und auf denselben bis zum Pfahl, wo eine Kammer angebracht ward, führte eine Treppe von Brettern. Nachdem die Freiknechte den Delinquenten an den Pfahl befestiget, ward der Scheiterhaufen angezündet, welcher innerhalb 2 Minuten von allen Seiten her in vollen Flammen stand. Um 10 Uhr war von dem Körper des Delinquenten wenig mehr zu sehen, und um 11 Uhr war er völlig zu Asche, und um 1 Uhr der ganze Scheiterhaufen zu Kohle verbrannt. Acht bis zehntausend Menschen waren Zuschauer dieses schrecklichen Schauspiels. Möchte es auf alle einen bleibenden Eindruck zur Beförderung wahrer Moralität gemacht haben! Was wir Prediger dazu beytragen konnten, haben wir gethan. Ich redete den Sonntag vor der Hinrichtung des KIRSCHKE in der mich treffenden Amtspredigt von der rechten Anwendung öffentlicher Hinrichtungen, theils zur warnenden Erinnerung, wie tief der mit so vortreflichen Anlagen zum Guten von Gott ausgestattete Mensch fallen könne; theils zur genauern und richtigern Beurtheilung unserer selbst, wenn wir den verschiedenen Wegen nachspüren, welche zu diesem jammervollen Ziele hinführen können. Auch mein College, der Hr. Inspector BURCHARDI, suchte in der ihn am Sonntage nach der Hinrichtung treffenden Amtspredigt durch einen zweckmägigen Vortrag die guten Sensationen, welche das traurige Schicksal des armen KIRSCHKE gemacht hatte, zu erhalten und zu verstärken, so wie auch Hr. Pastor STEIN ebenfalls zu seiner Gemeine Sonntags zuvor auf eine lehrreiche und rührende Art davon geredet hatte. Die Betrachtungen sind mannigfaltig, und für den Philosophen und Moralisten wichtig, zu welchen die Geschichte des KIRSCHKE Gelegenheit giebt. Sie würden hier zu viel Platz einnehmen, bieten sich auch ohnedem jedem nachdenkenden Leser so sehr von selbst an, daß ihre Entwicklung füglich entbehrt werden kann.

Grünberg, den 28. Juny 1796

SCHWARZER

Erwähnte Personen:

ANDERS; Inquisitor Publicus u. Justitz Director in Grünberg

BURCHARDI; Inspector (Pastor prim. In Grünberg)

DEHMEL; Justitz Commissarius aus Sagan

HÄUSLER, Christian; Bauer in Schärtendorf

KIRSCHKE, Christian; ev.; Tagearbeiter in Schärtendorf b. Grünberg;

* 1751 in Schweinitz + 10.06.1796

KIRSCHKE; Schäfer in Schweinitz, Vater des Christian K.

SCHULZ; Herzoglicher Generalpächter u. Oberamtmann in Schärtendorf

SCHWARZER, ev. Pastor in Grünberg

SEIFERT (SEIFFERT), Anna Elisabeth; Braut des Christian KIRSCHKE

SEIFERT (SEIFFERT); Vater der Braut; Gärtner und Büttner in Schärtendorf

STEIN, ev. Pastor zu Rothenburg

v. STENTZOCH; auf Prittag; Landrath des Grünberger Kreises

v. STUDNITZ; Major